«Mehr Waffen heisst mehr Familiendramen»

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Steigende Zahlen«Mehr Waffen heisst mehr Familiendramen»

Die Zahl der registrierten Waffen in Schweizer Haushalten steigt. Politiker sind sich uneins, ob das die Schweiz unsicherer macht.

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In der Schweiz sind aktuell 865'000 private Waffen registriert. Das sind 73'000 mehr als noch vor einem Jahr. Das berichtet der «Sonntagsblick». Zu den privat erworbenen Waffen kommen noch rund 900'000 zu Hause gelagerte Ordonnanzwaffen der Armee, nicht registrierte und illegale Waffen. Der Bundesrat schätzte 2013, dass sich insgesamt rund zwei Millionen Feuerwaffen in Schweizer Haushalten befinden. Die «Small Arms Survey» geht sogar von 3,4 Millionen Waffen aus.

Für SP-Nationalrätin Chantal Galladé ist diese Entwicklung besorgniserregend, falls der Anstieg auf mehr Waffen im Umlauf zurückzuführen sei. «Mehr Waffen machen die Schweiz unsicherer. Es gibt laut wissenschaftlichen Studien eine direkte Verbindung zwischen der Menge an Waffen und der Zahl der Waffentoten.» Möglich sei aber auch, dass mehr Schweizer ihre Waffe registrierten. «Das wäre positiv zu werten», so Galladé. In der Schweiz brauche es Schusswaffen aber nur für staatliche Sicherheitskräfte, Jäger und Sportschützen. «Waffen, die beschafft werden, um sich besser zu fühlen oder um sich selbst zu verteidigen, braucht es nicht.»

«Gefährlich sind eher illegale Waffen»

SVP-Nationalrat Werner Salzmann ist sich sicher: «Es werden mehr Waffen registriert, weil etwa das Sturmgewehr 57 mit neuen Ausrüstungsgegenständen für Wettkämpfe verwendet werden darf, oder weil die Schweiz bald EU-Richtlinien übernimmt, die eine Registrierung verlangen.» Es seien nicht unbedingt mehr Waffen im Umlauf, und selbst wenn: «Gefährlich sind Waffen eher, wenn sie illegal erworben und nicht registriert werden.» Legale Waffen würden nur in sehr seltenen Fällen missbraucht.

Laut Zahlen des Bundes gab es 2015 hierzulande 231 Waffentote, 211 davon waren Suizide. «Eine Schusswaffe ist die einfachste und schnellste Methode, sich selbst oder anderen das Leben zu nehmen», so Galladé. In der Schweiz seien auch bei Familiendramen häufig Waffen involviert. «Mehr Waffen heisst auch mehr schlimme Familiendramen. Wenn wir die Verbreitung von Waffen in Privathaushalten reduzieren, werden viele Tragödien verhindert und Menschenleben gerettet.»

«Waffenlobby nimmt Tote in Kauf»

Galladé reichte bereits zahlreiche Vorstösse ein, die den Gebrauch von Waffen einschränken wollten. Viele davon wurden vom Parlament abgelehnt. Erst am Donnerstag scheiterte ihre Motion, die einen Bedürfnisnachweis für den Waffenbesitz forderte. «Es ist frustrierend, wie stark die Waffenlobby im Parlament ist. Sie nimmt Tote in Kauf, um das Waffenrecht zu schützen – ähnlich wie in den USA», so Galladé.

Salzmann entgegnet: «Jeder Suizid ist tragisch, doch wer sich das Leben nehmen will, findet auch ohne Schusswaffe einen Weg dazu.» Wegen dieser Fälle das Waffenrecht einzuschränken, sei falsch. «Wir haben in der Schweiz eine lange Militär- und Jagd- Schützen-Tradition, die Waffenkultur ist eine andere als in den USA», sagt er. «Eine Einschränkung wäre ein Misstrauensvotum gegen den rechtschaffenen Bürger, der legal eine Waffe besitzt und niemanden gefährdet», so Salzmann. Das habe das Stimmvolk 2011 auch so gesehen und die Waffeninitiative abgelehnt.

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